Ein Plädoyer für mehr Gefühl

Väter sollen stark sein, verlässlich, die Familie versorgen. Aber wer sagt eigentlich, dass Stärke nicht auch bedeutet, Gefühle zu zeigen? Ich bin Redakteur und Vater – und mir ist es wichtig, verschiedene Perspektiven zu betrachten. Lange Zeit dachte ich, dass Emotionen im Vatersein eine untergeordnete Rolle spielen. Doch je länger ich in dieser Rolle bin, desto klarer wird mir: Kinder brauchen Väter, die nicht nur körperlich, sondern auch emotional präsent sind.

Die alte Vorstellung vom Vater als unerschütterlichem Fels ist überholt. Kinder brauchen keine distanzierten, unnahbaren Vorbilder – sie brauchen authentische Menschen, die ihnen zeigen, dass es normal und gesund ist, Gefühle auszudrücken. Doch das ist leichter gesagt als getan, vor allem für eine Generation von Männern, die oft gelernt hat, Emotionen zu unterdrücken.


Warum Emotionen zeigen so wichtig ist

Emotionen zu zeigen, ist keine Schwäche, sondern eine der wichtigsten Stärken, die ein Vater seinem Kind vorleben kann. Hier sind die zentralen Gründe, warum das so wichtig ist:

1. Kinder lernen durch Nachahmung

Wenn wir offen mit unseren Gefühlen umgehen, lernen unsere Kinder, das Gleiche zu tun. Wer immer nur Stärke demonstriert, vermittelt unbewusst, dass Schwäche nicht erlaubt ist.

2. Gefühle verbinden

Ein Vater, der seine Emotionen ausdrückt, schafft Nähe. Ein Kind, das erlebt, dass Papa auch mal traurig oder überfordert ist, fühlt sich verstanden und ernst genommen.

3. Konfliktlösung durch Emotionen

Wut runterzuschlucken oder Frust zu ignorieren, führt auf Dauer zu explosiven Momenten. Wenn wir unseren Kindern zeigen, wie man Gefühle reguliert, anstatt sie zu unterdrücken, geben wir ihnen ein lebenswichtiges Werkzeug mit.

4. Gesunde emotionale Entwicklung fördern

Kinder, die von emotional offenen Eltern erzogen werden, haben später oft weniger Schwierigkeiten, ihre eigenen Emotionen zu verstehen und in Beziehungen gesund mit ihnen umzugehen.

5. Das eigene Wohlbefinden als Vater

Auch für uns selbst ist es wichtig. Wer seine Gefühle zulässt, fühlt sich weniger belastet, weniger allein und kann das Vatersein viel bewusster genießen.

Übersicht: Wie Emotionen das Vatersein bereichern

EmotionUnterdrücken vs. ZeigenWirkung auf das Kind
FreudeZurückhaltend reagierenKind lernt, dass Emotionen unwichtig sind
TraurigkeitVerbergen, „stark sein“Kind denkt, Trauer sei etwas Negatives
WutRunterschlucken oder explodierenKind hat keine Strategie, um mit Frust umzugehen
LiebeNicht ausdrücken, weil „selbstverständlich“Kind fühlt sich weniger geborgen

Persönliche Erfahrungen: Mein Weg zu mehr Emotion

Ich gebe zu: Früher fiel es mir schwer, Gefühle offen zu zeigen. Besonders in stressigen Situationen habe ich meine Wut oft unterdrückt – bis ich irgendwann merkte, dass sie sich in anderen Momenten entlud. Ich war gereizt, genervt, manchmal auch ungerecht.

Der Wendepunkt kam, als mein Sohn mich eines Tages fragte: „Papa, bist du böse auf mich?“ Ich war es nicht – aber ich war gestresst und hatte es nicht geschafft, das in Worte zu fassen. Das war der Moment, in dem mir klar wurde: Ich muss nicht nur lernen, meine Emotionen zuzulassen, sondern sie auch zu kommunizieren.

Heute sage ich meinem Kind: „Papa ist gerade gestresst, es hat aber nichts mit dir zu tun.“ Oder: „Ich bin traurig, weil etwas Schlimmes passiert ist, aber das geht auch wieder vorbei.“ Seit ich das tue, merke ich, wie unser Verhältnis enger wird – und mein Kind lernt, seine eigenen Gefühle besser einzuordnen.


Fazit: Ein starkes Vorbild durch Ehrlichkeit

Emotionen zu zeigen, macht uns nicht schwächer, sondern menschlicher. Ein Kind braucht keinen perfekten Vater, sondern einen ehrlichen. Wer seine Gefühle offen kommuniziert, schafft eine tiefere Verbindung, fördert die emotionale Intelligenz seines Kindes und wird selbst gelassener. Also: Lasst uns aufhören, unsere Gefühle hinter einer Maske zu verstecken – unsere Kinder verdienen echte Väter.


FAQ – Häufige Fragen zum Thema

Ist es nicht besser, wenn Kinder ihre Eltern als starke Säulen sehen?
Stärke bedeutet nicht, keine Emotionen zu zeigen. Vielmehr bedeutet sie, mit Emotionen bewusst umzugehen und sie in Worte fassen zu können.

Wie kann ich lernen, meine Emotionen besser zu zeigen?
Fang klein an: Sag deinem Kind bewusst, wenn du dich freust oder traurig bist. Übe es auch in anderen Beziehungen – es wird mit der Zeit leichter.

Was, wenn ich aus Wut mal falsch reagiere?
Das passiert jedem Vater. Wichtig ist, dass du es später ansprichst und dich erklärst. Kinder lernen so, dass Fehler normal sind – und wie man sie wieder gutmacht.

Ist es okay, vor meinen Kindern zu weinen?
Ja! Es zeigt ihnen, dass Weinen normal ist und dass auch Erwachsene Emotionen haben. Das macht sie später empathischer.

Was, wenn mein Umfeld sagt, Männer sollten nicht so emotional sein?
Dann ist dein Umfeld in alten Denkmustern gefangen. Lass dich davon nicht beirren – dein Kind wird dir später danken, dass du es anders gemacht hast.

Von Leander

Leander ist nicht nur ein erfahrener Redakteur, sondern auch Vater – und damit täglich mitten im Abenteuer Familienalltag. Mit beiden Beinen fest im Leben stehend, interessiert er sich für die großen und kleinen Fragen, die Kinder und Eltern bewegen. Sein Ziel: verschiedene Perspektiven verstehen, neugierig bleiben und neue Blickwinkel eröffnen. Ob knifflige Alltagsfragen, spannende Erlebnisse oder überraschende Entdeckungen – Leander nimmt junge Leserinnen und Leser mit auf eine Reise voller Ideen und Erkenntnisse. Er schreibt für Kinder, die die Welt verstehen wollen, und Eltern, die ihre Kinder dabei begleiten. Mit einer Prise Humor, viel Neugier und dem festen Glauben daran, dass jeder Tag neue Möglichkeiten bietet, macht er den Alltag ein Stück spannender und bunter.